Wie WOLKERSDORF feiert(e)

FEIERN IM JAHR 1939

Oder: Uniformierte Festkultur

Das in der Bevölkerung tief verankerte, katholisch geprägte Weihnachtsfest stellte - neben dem sozialdemokratisch besetzten Ersten Mai - die Regie der nationalsozialistischen Festkultur vor erhebliche Schwierigkeiten. Die Entzündung eines Höhenfeuers am 24. Dezember 1939 litt unter der schwachen Beteiligung der Wolkersdorfer Bevölkerung, die großteils in ihren Wohnungen Weihnachten feierte. Nur die Männer der SA und die Burschen der Hitler-Jugend vernahmen den Vortrag des Ortsgruppenleiters über die Vorzüge der NSDAP. Anschließend zogen die Männer und Burschen mit Fackeln von Haus zu Haus und überbrachten den übrigen Wolkersdorfern das Höhenfeuer. Als Gegenpol zum katholischen Weihnachtsfest veranstaltete die Wolkersdorfer NS-Führung nach "germanischer Sitte" am 21. Dezember 1939 ein "Julfest". Die Teilnehmer sahen einen Fahneneinmarsch der Parteiorganisationen, hörten Musik eines Streichorchesters und lauschten der Rede des Ortsgruppenleiters der NSDAP. Eine weitere Gegenveranstaltung zum katholischen Weihnachten war die "Volksweihnacht" der NS-Frauenschaft am 23. Dezember 1939, dem Vorabend des Heiligen Abends. Dabei wurden Kinder und Bedürftige mit Lebensmitteln und Kleidung beschenkt und ein Märchenspiel einer Kindergruppe für die Teilnehmenden wurde aufgeführt. Zu dieser Veranstaltung kamen etwa 300 Schulkinder und auch viele Erwachsene waren anwesend. Zudem fand am Stefanitag, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, im Rahmen einer KDF-Veranstaltung ein Operettenabend statt, der allerdings durch das kalte Wetter zu scheitern drohte. Die Bemühungen der NS-Führung, die Tage vor und nach dem 25. Dezember im nationalsozialistischen Sinn umzudeuten, konnten offenbar die Bevölkerung nicht davon abbringen, an der Tradition des Weihnachtsfestes festzuhalten.

Julfeier, Bericht aus dem Wochenblatt

Julfeier, Bericht aus dem Wochenblatt

Als Gegenpol zum katholischen Weihnachtsfest veranstaltete die Wolkersdorfer NS-Führung nach "germanischer Sitte" am 21. Dezember ein "Julfest". Die Bemühungen der NS-Führung, die Tage um die christlichen Weihnachtsfeiertage im nationalsozialistischen Sinn umzudeuten, waren kaum von Erfolg gekrönt. Die größte Teil der Bevölkerung ließ sich von der Tradition des Weihnachtsfestes nicht abbringen.

Grenzwacht. Wochenblatt für den Kreis Mistelbach. Nachrichten der NSDAP 2 (6. Jänner 1939).
Märchenspiel der Kindergruppe

Märchenspiel der Kindergruppe

Theaterspiel von Wolkersdorfer Volksschulkindern zu Weihnachten 1939, wahrscheinlich im Saal Eckensperger. Zumindest in den ersten Jahren der NS-Herrschaft wurde neben der "Julfeier" auch "Volksweihnachten" gefeiert. Das Märchenspiel der Kindergruppe zählte hier ebenso zum Programm wie die Bescherung von Armen und bedürftigen mit Kleidung, Lebensmitteln und kleinen Naschereien. Wie die Bezeichnung "Volksweihnachten" schon andeutet, kamen diese Wohltaten, die zweifelsohne viele Wolkersdorfer zunächst beeindruckten, ausschließlich "Volksgenossen" zugute. Die als "gemeinschaftsfremd" stigmatisierten jüdischen Kinder etwa waren zu diesem Zeitpunkt bereits großteils zusammen mit ihren Eltern Vertrieben worden.

Sammlung Blaich, Wolkersdorf