ERSTER MAI
Oder: Arbeiterschaft in Bewegung
Aufgrund der zahlenmäßigen Schwäche der Sozialdemokratie im christlichsozial dominierten Gerichtsbezirk Wolkersdorf fanden und finden die Feierlichkeiten zum ersten Mai regelmäßig als Bezirksfeiern statt. In der Zwischenkriegszeit bis 1933 und auch noch nach 1945 bis in die Sechziger Jahre hinein war stets Wolkersdorf der Schauplatz dieser Bezirks-Maifeiern.
Vor allem in der Zwischenkriegszeit waren die Maiaufmärsche als Machtdemonstrationen der Sozialdemokratischen Partei inszeniert. 1927 etwa, als gleichzeitig das bislang beste Abschneiden der Sozialdemokratie bei Landtags- und Nationalratswahlen gefeiert wurde, gab es schon am Vorabend einen Fackelzug durch Wolkersdorf; vor dem Rathaus hielt man eine kurze Ansprache. Der nächste Tag begann mit einem "Weckruf" durch die parteieigene Musikkapelle, die durch den ganzen Ort zog und dadurch die gesamte Bevölkerung auf den besonderen Charakter dieses Tages hinwies. Mittags sammelten sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus den "oberen Ortschaften" (Niederkreuzstetten, Hautzendorf, Unter-Olberndorf, Schleinbach, Ulrichkskirchen etc.) in Ulrichskirchen, von wo man unter den Klängen der Wolkersdorfer Schutzbundkapelle durch Wolkersdorf und Obersdorf nach Pillichsdorf marschierte.
Dort wurden dann die Demonstrationsteilnehmer und -teilnehmerinnen der "unteren Orte" (Bockfließ, Groß Engersdorf, Pillichsdorf) abgeholt. Zahlreiche Genossen und Genossinnen, Jugendliche und Kinder, alle sozialdemokratischen Kultursektionen, wie die Musiksektion, Naturfreunde, Turn- und Sportverein, Freidenker, die Ortsgruppe der "Flamme", Theatersektionen, marschierten im Zuge mit. Der Marsch zurück nach Wolkersdorf bewegte sich nun ein zweites Mal durch die betont christlichsozial eingestellten Ortschaften Pillichsdorf und Obersdorf. Angeführt von der Musikkapelle, einem "Fahnenzug" mit Dutzenden "leuchtenden Fahnen" sowie einer eigenen Gruppe sozialdemokratischer Gemeinderäte strebte der Festzug dem Hauptplatz von Wolkersdorf zu. Im Zentrum des christlichsozial-deutschnational regierten Marktortes Wolkersdorf, direkt neben dem Gemeindeamt folgte dann regelmäßig ein programmatisches Hauptreferat eines höheren sozialdemokratischen Parteifunktionärs, danach wurde das "Lied der Arbeit" gesungen.
Gesellschaftlicher Höhepunkt der Maifeiern waren dann die Vorführungen der Turn- und Sportvereine am Sportplatz, mitunter auch Theatervorführungen. Die Feier endete am Abend mit einem geselligen Beisammensein mit Tanz und Musik beim Parteiwirt.
Sportplatz Wolkersdorf
Der erste Wolkersdorfer Sportplatz an der heutigen Holzfeldgasse, Ende Dreißiger Jahre. Hier wurden bis 1953 unter anderem die Sportveranstaltungen am Ersten Mai durchgeführt.
Sammlung Heidner, Wolkersdorf.