Wie WOLKERSDORF feiert(e)

FRONLEICHNAM

Oder: Katholische Kirche in Bewegung

Hatte die Kirche unmittelbar nach dem "Anschluss" Österreichs an Deutschland noch an ein Arrangement mit dem Nationalsozialismus geglaubt, so wurde sie schnell eines Anderen belehrt. Argwöhnisch beobachteten auch in Wolkersdorf die führenden Parteifunktionäre die - ohnehin stark zurückgedrängten - Aktivitäten der Kirche. Insbesondere die Fronleichnamsprozessionen erinnerten die Nationalsozialisten immer wieder an die Macht der Kirche, und die Kreisleitungen der NSDAP verlangten von den Gendarmerieposten regelmäßig Erhebungsberichte über die Prozessionen und vor allem über die Beteiligung der Bevölkerung daran. Der Ortsgruppenleiter von Wolkersdorf untersagte seit 1943 generell die Prozessionen durch den Ort, lediglich eine Runde um die Kirche durften die Gläubigen ziehen. Pfarrer Stracker notierte fast trotzig dazu im Jahr 1944: "Fronleichnamsprozession um die Kirche. Es nahmen bs. viele Kinder und Männer daran teil."

Kinder bei der Fronleichnamsprozession

Kinder bei der Fronleichnamsprozession

Der "Umgang" im Jahr 1959. Kindergartenkinder mit geistlicher Begleitung. Das Mädchen hinten rechts streut den übrigen Teilnehmern an der Prozession eifrig Rosen.

Sammlung Gertrude Schmid, Wolkersdorf.

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft zog sich die Kirche aus der Parteipolitik völlig zurück, und der "Umgang" diente nun ausschließlich dem religiösen Bekenntnis zu Christus und der katholischen Kirche. In Wolkersdorf nahmen in der Folge auch sozialistische Ortsparteifunktionäre an der Fronleichnamsprozession teil - ein Umstand, der in der Zwischenkriegszeit kaum vorstellbar gewesen wäre.